Intime Blicke Wer Bezas Atelier passiert, sieht sich vor der großen Schaufensterscheibe des ehemaligen Ladenlokals und, an guten Tagen, durch diese hindurch Beza auf ihrem Bambusschemel, den Kittel voller Farbe, die braunen Haare im Gesicht, die Stiefel eng geschnürt, setzt sie feine Striche in eine Hand, die nach dem Betrachter zu greifen scheint („Ultramarin“) bunt und warm, voller Leben, schwellender noch als das übrige Fleisch, das Bezas Bildern ihre spezifische sinnliche Präsenz verleiht. Die Hand greift nach dem Betrachter, lockt und will genommen werden, doch frappiert und scheu gleitet der Blick nach rechts, über den Boden, farbensatt und tief, in das Auge, dessen gleichsam verführerischer Blick sein frivoles Spiel treibt aus Locken und Entzug. Der Zauber dieses kleinen Vis-a-Vis perlt wie die Schaumkrone der Wellenlinie des lustvollen gebeugten Leibes, unsagbar zart und intim. Bezas Bilder entfachen und erhalten dieses Wechselspiel durch die Polaritäten von Bewegung und Ruhe, Komplexität und Einfachheit. Im Bild „Ultramarin“ entsteht durch die zunächst irritierende Falte am Rückenbogen eine rechtwinklige, ruhige Fläche rechts davon, die kontrapunktisch hinter dem betörenden Blick des Auges liegt. Damit sind wir mitten im Atelier, mitten im Herz der Werkstatt und der Kunst, können ihren Körper greifen und das emotional-triebhafte Gefüge spüren, das ihn zusammenhält. Das „Atelier komplex“ verweist so auf grundsätzliche Strukturen in Bezas Werk. „Die Kunst hatte sich selbst aufgelöst!“ So fand Beza sie vor: „bis in ihre kleinsten Elemente dekonstruierte Inhalte“ die Malerei als Baukasten, der sich selbst ausstellt. Und so wollte sie sie nicht lassen. Die Losung: Neue Zusammenführung der Elemente: Kopulation der Farben und Formen. Dieser ästhetischen Animation korrespondiert eine peinlich genaue Maltechnik auch wenn, wie etwa im Bildnis Johannes Paul II., das Beza während seines Sterbens malte, die sich in der Schöpfung abarbeitenden Emotionen verebben und letzte Partien fragmentarisch bleiben. Gefühle sind immer der Motor. Nicht so aber, dass blinde Leidenschaft in manischer Entrückung den Pinsel führte; vom Mischen der Farben über die ersten Vorskizzen und die Komposition bis zur Ausführung leitet die genaue Kalkulation. Allein die Fleißarbeit des stoischen Ausarbeitens feiner Linien in photorealistischer Manier, Beza nennt das „pingeln“, ist ihre Sache nicht. Dem Klee und dem Gras und den Blumen aber, über die sich das Mädchen „auf der Wiese“ hockt (und zu urinieren scheint), eignet eine Plastizität, die den Betrachter aus dem Bild heraus anspringt. Er kann jeden einzelnen Halm, jedes Blatt und jede Knospe zählen und fast hört er es rauschen. So wird der Betrachter zum Voyeur. Scham empfindet er nicht dabei. Beza verleiht diesem Moment den selten Reiz einer unschuldigen Intimität, einer, durch die Technik des Bildes erregten und durch seine Stimmung bescherten Unmittelbarkeit jenseits der sozialen Normierung. Die nämlich wird hier gerade fragwürdig. Einmal so im Idyllisch-Sinnlichen von der üblichen Norm des Verbotes derartiger Intimität freigestellt, ist der Betrachter genötigt, die Normierung von Sinnlichkeit und Intimität überhaupt neu zu reflektieren. Ihre Augen aber, sind wie Tauben, und so kehrt auch hier die Beza ganz eigene Lust am Sinnlichen in die strenge Figuration katholischer Weiblichkeit zurück. Sie lässt an das Hohe Lied denken, das auch den Akt „und ewig lockt das Weib“ überschreiben könnte mit seinem Vers (1,6): „Seht mich nicht an, weil ich schwärzlich bin, weil die Sonne mich gebräunt hat! Meiner Mutter Söhne fauchten mich an, setzten mich als Hüterin der Weinberge ein. Meinen eigenen Weinberg habe ich nicht gehütet.“ |
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